Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 13. August 2024

Welcher Steuersatz gilt für die Überlassung von Parkplätzen an Hotelgäste?

Sind Parkplatzgestellungen an Hotelgäste selbstständige Hauptleistungen zu den ermäßigt zu besteuernden Übernachtungsleistungen und deshalb von der Steuersatzermäßigung ausgenommen? Diese Frage hat der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Hintergrund

Die Klägerin betrieb ein Hotel und Restaurant. Die Gäste des Hotels erhielten zur Übernachtung auch ein Frühstück, das mit jeweils 4,50 EUR verrechnet wurde, soweit ein Gast auf Anfrage nur eine Übernachtung ohne Frühstück in Anspruch nehmen wollte. Hotel und Restaurant verfügten über einen eigenen Parkplatz, der kostenfrei genutzt werden konnte.

Seit Juni 2018 wies die Klägerin für Übernachtung, Frühstück und Parkplatz als einheitliche Leistung den ermäßigten Steuersatz von 7 % aus. Sie erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Juni 2018 bis Mai 2019 dementsprechende Umsätze.

Nach 2 Außenprüfungen bei der Klägerin für die Monate April 2018 bis Juni 2018 sowie Juli 2018 bis Mai 2019 vertrat die Prüferin die Auffassung, die Leistungen für Frühstück und Parkplatz seien mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu besteuern. Bei einer geschätzten Auslastung des Hotels von 70 % seien für das Frühstück 4,50 EUR und für den Parkplatz 1,50 EUR anzusetzen. Hinsichtlich des Parkplatzes nahm die Prüferin für Reisegruppen, Familien und Gäste ohne Fahrzeug einen Abschlag von 20 % vor.

Im Laufe des Einspruchsverfahrens reichte die Klägerin die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2018 ein. Die darin erklärten Umsätze zu 7 % und 19 % entsprachen denen, die den Bescheiden über die Umsatzsteuervorauszahlungen zugrunde lagen. Das Finanzamt wies die Einsprüche als unbegründet zurück.

Das FG wies die Klage ab. Es entschied, das Frühstück und die Parkplatzgestellungen seien keine Nebenleistungen zur Beherbergung, sondern selbstständige Hauptleistungen.

Entscheidung

Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass es sich bei dem Frühstück um eine selbstständige Hauptleistung handelt, während seine tatsächliche Würdigung, auch die Parkplatzgestellung sei eine selbstständige Hauptleistung, revisionsrechtlicher Überprüfung nicht standhält.

Eine Leistung ist nicht als Nebenleistung zur kurzfristigen Vermietung (Beherbergung von Fremden), sondern als Hauptleistung anzusehen, wenn sie der Mieter (hier: Hotelgast) einzeln – wie zum Beispiel nach Anzahl der Frühstücksleistungen oder Parkdauer – hinzubuchen oder abwählen kann und sich hierdurch das Entgelt dementsprechend erhöht oder verringert. In einem solchen Fall sind Leistungen, die neben der Vermietung zur kurzfristigen Beherbergung erbracht werden, grundsätzlich als von dieser getrennt zu betrachten.

Das FG hat nach den vorgenannten Grundsätzen zu Recht angenommen, dass hinsichtlich des Frühstücks, das vom Gast gegen Verrechnung eines Gegenwerts i. H. v. 4,50 EUR jeweils abgewählt werden konnte, eine selbstständige Leistung vorliegt. Da diese selbständige Leistung nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG fällt, ist auf das Frühstück im Streitfall der Regelsteuersatz anzuwenden, unabhängig von der Antwort auf die in diesem Verfahren dem EuGH vorgelegte Frage. Eines Rückgriffs auf das Aufteilungsgebot bedarf es insoweit nicht.

Dagegen handelt es sich bei der Überlassung von Parkplätzen an Hotelgäste im Streitfall um eine Nebenleistung zur Beherbergungsleistung, da sie weder hinzugebucht noch abgewählt werden konnte. Sie ist im Streitfall mit der Hauptleistung (Beherbergung) untrennbar verbunden und hat im Streitfall für den Hotelgast keinen eigenen Zweck. Hierfür spricht - anders als das Finanzamt und das FG meinen - insbesondere, dass die Klägerin in keiner Weise danach differenziert, wie der Gast angereist ist.

Die im Ausgangsverfahren zu beurteilende Bereitstellung von Parkplätzen gehört nach der Rechtsprechung des BFH zu den Leistungen, die unter das Aufteilungsgebot fallen und deshalb von der Steuersatzermäßigung ausgenommen sind. Das Aufteilungsgebot für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, hat der vorlegende Senat bisher als unionsrechtskonform angesehen. Daran hält er fest.

Der vorlegende Senat ist allerdings der Auffassung, dass aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des EuGH kein „acte clair“ mehr vorliegt. Es ist nicht im Sinne eines „acte clair“ zweifelsfrei, dass diese Deutung der Rechtsprechung des EuGH durch den Senat zutreffend ist.

Der EuGH hat entschieden, dass eine einheitliche Leistung, die aus 2 separaten Bestandteilen, einem Haupt- und einem Nebenbestandteil, besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gälten, nur zu dem für diese einheitliche Leistung geltenden Mehrwertsteuersatz zu besteuern ist, der sich nach dem Hauptbestandteil richtet, und zwar auch dann, wenn der Preis jedes Bestandteils, der in den vom Verbraucher für die Inanspruchnahme dieser Leistung gezahlten Gesamtpreis einfließt, bestimmt werden kann.

Diese Formulierung könnte auch dahin verstanden werden, dass bei einheitlichen Leistungen Steuersatzunterschiede jeglicher Art unionsrechtlich verboten sind. Bei dieser Sichtweise könnte § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unionsrechtswidrig sein. Der Grundsatz, dass die unselbstständige Nebenleistung stets das Schicksal der Hauptleistung zu teilen hat, könnte das Aufteilungsgebot verdrängen.


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