Artikel aus dem Themenbereich: Steuerrecht Unternehmer vom 15. August 2024

Steuergeheimnis: Was darf im Außenprüfungsbericht stehen?

Eine Verletzung des Steuergeheimnisses liegt nicht vor, wenn (Roh-)Gewinndaten und Vertriebskosten des Bauträgers von zu sanierenden Wohnungen für die korrekte Berechnung der Absetzung für Abnutzung in einem Prüfungsbericht dargestellt werden und deshalb die Erwerber der Wohnungen und Feststellungsbeteiligten von diesen Daten Kenntnis erlangen könnten.

Hintergrund

Klägerin ist eine Bauträgerin. Ihr Geschäftszweck bestand u. a. im Ankauf von Grundstücken, die mit Mehrfamilienhäusern bebaut waren, deren Aufteilung in Wohnungseigentum, der Sanierung und dem Weiterverkauf der Wohnungen. Zu diesem Zweck schloss sie mit den Erwerbern der Wohnungen Verträge ab, die regelmäßig als Modernisierungswerk- und Kaufverträge bezeichnet wurden. In allen hier streitigen Fällen war zum Zeitpunkt des Abschlusses der jeweiligen notariellen Verträge bereits mit der Sanierung der Wohnungen begonnen worden.

In den streitgegenständlichen Verträgen zwischen der Klägerin und den Käufern wurde einzeln beziffert, welcher Teil des von den Erwerbern gezahlten Kaufpreises auf Grund und Boden, Altbausubstanz und Sanierungs- und Modernisierungskosten entfallen sollte.

Bei einer Außenprüfung kam das Finanzamt bei allen streitgegenständlichen Objekten zu dem Ergebnis, dass die Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden, Altbausubstanz und Sanierungs- und Modernisierungskosten zu Lasten des Fiskus unzutreffend erfolgt sei. Insbesondere beanstandete sie, dass der (Roh-)Gewinn der Klägerin vollständig den „Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen“ zugerechnet worden sei, obwohl der Erwerb nach Beginn der entsprechenden Maßnahmen erfolgt sei. In diesen Fällen sei die Bemessungsgrundlage für die AfA folglich zu hoch angesetzt worden; denn der insgesamt angefallene Sanierungsaufwand sei auf die Zeit vor beziehungsweise nach Abschluss der jeweiligen notariellen Verträge aufzuteilen.

Die Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts beabsichtigte, entsprechend dieser Auffassung die Prüfungsberichte zu erstellen. Nachdem das Finanzamt der Klägerin den Entwurf der Prüfungsberichte zugeleitet und signalisiert hatte, dass es sich der Auffassung der Außenprüfung anschließen wolle, erhob die Klägerin unter Berufung auf das Steuergeheimnis (vorbeugende) Unterlassungsklage. Sie beantragte u. a. dem Finanzamt zu untersagen, ihre Geschäftsdaten wie Rohgewinn, Vertriebskosten, Bautenstandsüberzahlungen in die bis zum Kaufvertragsabschluss entstandenen Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen einzurechnen und in einem Prüfungsbericht auszuwerten.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er personenbezogene Daten eines anderen, die ihm unter anderem in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, unbefugt offenbart oder verwertet. Fremde Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind ausdrücklich geschützt.

Die Auswertung der Geschäftsdaten hinsichtlich des Rohgewinns mit den Vertriebskosten in den Betriebsprüfungsberichten verletzt nicht das Steuergeheimnis der Klägerin.

Bei den im Streitfall betroffenen Daten über den Rohgewinn etc. handelt es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Diese sind dem Betriebsprüfer im Rahmen einer Außenprüfung bekannt geworden und würden durch die Aufnahme in die Prüfungsberichte mit großer Wahrscheinlichkeit Dritten offenbart werden. Denn der Inhalt der Prüfungsberichte ist gegenüber den Erwerbern spätestens im Rahmen eines Einspruchsverfahrens offenzulegen; dies wird durch das Steuergeheimnis nicht eingeschränkt. Die den jeweiligen Einspruchsführer direkt betreffenden Passagen können offengelegt werden.

Im Streitfall ist das Finanzamt zur Offenbarung der Daten befugt.

Die Offenbarung der das Steuergeheimnis betreffenden Verhältnisse eines Dritten ist zulässig, wenn sie u. a. der Durchführung eines Besteuerungsverfahrens dient. Dies ist dann der Fall, wenn die Daten eine Prüfung der in einem solchen Verfahren relevanten Tatbestandsmerkmale ermöglichen, erleichtern oder auf eine festere Grundlage stellen können. Es muss ein unmittelbarer funktionaler Zusammenhang zwischen der Offenbarung und der Verfahrensdurchführung bestehen.

Nach diesen Maßstäben ist das Finanzamt zur Offenbarung der Daten in den Betriebsprüfungsberichten befugt. Denn es besteht ein unmittelbarer funktionaler Zusammenhang zwischen der Offenbarung der streitgegenständlichen Daten und der Berechnung der Höhe der AfA.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht dem Ergebnis, dass die Daten über den Rohgewinn etc. folglich in den Prüfungsberichten zur richtigen Aufteilung der jeweiligen Anschaffungskosten zu erfassen sind und hierdurch nicht das Steuergeheimnis verletzt wird, nicht entgegen. Die streitgegenständlichen Daten sind für die zutreffende Veranlagung der Erwerber erforderlich. Eine Möglichkeit zur zumutbaren anderweitigen Erlangung der dargestellten relevanten Informationen ist nicht ersichtlich. Auch die Klägerin selbst hat keine andere Möglichkeit dargelegt, die für die Feststellungsbescheide maßgeblichen Daten zur Verfügung zu stellen.


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